Der große starke Bach
Am Anfang war es ganz finster und ich hatte mich
dauernd irgendwo angestoßen, weil ich nichts
sehen konnte. Und ich
hatte auch gar nicht gewusst, wo ich war, und was, und überhaupt. So
bin
ich dann nur ziellos durch die Höhlen geplätschert, bis da auf
einmal ein kleines helles etwas war.
Ich hab es einfach mal für
einen Lichtstrahl gehalten. Und da bin ich ganz schnell hingeflossen,
weil ich doch so furchtbar neugierig war. Da haben aber
die hinter mir gedrängelt, die bösen
Erdzwerge, weil sie doch auch
was sehen wollten, und eh ich's mich versah, haben die mich
einfach
rausgeschubst. Au weia, war das aber hell, eine ganze Menge Licht.
War riesig verwirrt
und bin einfach mal weiter geflossen. Da gab es
aber viel zu sehen, da draußen, und ich kam aus
dem Staunen gar
nicht mehr raus. Ich habe vor lauter Gucken erst gar nicht gemerkt,
dass ich immer
größer wurde und warum. Aber dann war ich
aufmerksamer und schließlich sah ich einen anderen,
so wie ich einer
bin, und er kam auf mich zu. Der war aber viel kleiner als ich, und
als er mich berührte,
da war er gar nicht mehr zu sehen. Ha, hab ich
mir gedacht, das hast du nun davon, wenn du so klein
und schwach
bist, und ich war ganz stolz auf mich und immer mehr von den anderen
hab ich verschluckt.
Aber plötzlich war da einer, der war auch so
groß wie ich. Na warte, sagte ich bei mir, dem werde ich's
zeigen. Uiih, war ich groß und stark, ganz viel stärker als der andere, und
da hab ich einfach schwapp
gemacht und weg war er. Na ja, das ging
so eine Weile weiter, und dann ist es passiert. Grad hab ich
mich
ein bisschen um Steine gedreht, mal links mal rechts, und da war er
da. Also so was hatte ich
noch nicht gesehen. Wie kann ein einzelner
Bach nur so viel Wasser an sich reißen, dass er größer
wird als ich. Grummel grummel, hab ich mich geärgert, als der andere einfach mit
mir schwapp gemacht
hat und weg war ich. Und gelacht hat der über
mich, und wie. Sodass ich ganz kleinlaut geworden bin
und einsehen
musste, dass es wohl immer andere geben würde, die größer und
stärker sind. Aber
gelauert hab ich, dass dem anderen Mal der Spott
verginge, und auch er auf einen Größeren trifft. Aber
da kam und kam
keiner und er wurde immer größer, aber auch träger und älter. Und
eines Tages, da hat
er mir gesagt, wie unendlich müde er doch wäre,
aber ich grollte immer noch und hab einfach so getan,
als ob ich ihn
nicht hörte. Endlich, da war der Tag meiner Rache gekommen, meines
Spottes, denn da
sind wir schließlich im Meer angekommen, und das
war noch viel größer als ganz groß. Und schon wollte
ich über den
großen bösen Fluss lästern und lachen, als ich seinen erleichterten
Seufzer hörte. Und ich habe
auch gespürt, dass ich auf einmal ganz
leicht und frei war. Und da waren so viele andere, und alle gleich,
und alle eins, und alle ich, und ich alle. Da hab ich endlich
gemerkt, dass Größe und Stärke vergängliche
Trugbilder sind, die nur
aus dem Vergleich mit den anderen entstehen. Doch was braucht man
Trugbilder im Meer, wo alle eins sind, und als ich das erkannt
hatte, da war ich frei.
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